Stoppt den blau-grünen Bagger in Differdingen bevor die lokale Demokratie, Umwelt und sozialen Strukturen überrollt sind!

Was in Differdingen momentan geschieht ist erschreckend. Nachdem die LSAP am Ende ihrer langjährigen Herrschaft in der drittgrössten Stadt Luxemburgs nur noch konservativ verwaltet hatte, wurde der Schöffenrat unter nicht unkritischen Umständen während der Legislaturperiode von einer DP, CSV, Déi Gréng Koalition gestellt. Damit war ein Umwälzungsprozess ohnegleichen auf den Weg gebracht. Nachdem die liberale blau-grüne Union sich nach den Wahlen 2005 noch von der CSV entledigt hatte und Jeannot Logelin bei den Grünen durch Roberto Traversini ersetzt wurde, waren dem blau-grünen Bagger keine Grenzen mehr gesetzt. Seitdem wird wie wild gebaut und gefeiert in Differdingen. Zugegeben, nicht alles ist schlecht, vieles hat sich sogar positiv verändert. Dies war aber auch nicht sehr schwer nach dem jahrelangen Stillstand unter der LSAP Führung.

Doch wenn alles Positive sich einreiht in eine Gesamtvision die unsozial, undemokratisch und unökologisch ist, gehört das Ganze unter eine kritische Lupe. Leider kritisiert die Opposition seit Jahren nur die Oberfläche. Sie kritisieren den Differdinger Schöffenrat nur auf der Oberfläche, der Art und Weise wie er die Gemeinde verwaltet. Doch das grösste Problem ist nicht die Inkompetenz der Differdinger Ädilen, ganz im Gegenteil, deren Kompetenz macht die Lage erst richtig ernst. Denn sie setzen ihre Kompetenz ein um aus Differdingen ohne Rücksicht auf Verluste eine „modernen und kosmopolitische“ (1) Stadt zu machen. Ist daran was auszusetzen? Ja, denn für die blau-grüne Mehrheit bedeutet die Umsetzung dieser wohlklingenden Wörter, dass öffentliche Einrichtungen privatisiert werden (PPP Parc des Sports / Aquasud), gemeindeeigene Grundstücke an private Unternehmen verkauft oder vertauscht werden, durch kostspielige Eventkultur massiver Promoaufwand betrieben wird (ARENA, massive Anzeigenkampagnen für Events,…) und diese Eventkultur über die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung gestellt wird (Skipiste und Party-Igloo im Parc Gerlache). All diese kritischen Punkte zusammen mit dem Bau eines neuen Stadtviertels (Plateau Funiculaire), dem Bau eines Kulturzentrums, der Aufwertung des Stadtzentrums (Grand-Rue / Terrasses), Investitionen in Schulen und Maisons Relais und unzähligen Wohnungsbau-Projekten wird das Bild von Differdingen in den nächsten Jahren wesentlich verändern. Wo ist dabei das Problem? Ein Resultat davon wird die Verteuerung der Miet- und Kaufpreise für Wohnraum sein! Ein weiteres Resultat wird der Abbau von Arbeitsplätzen bei der Gemeinde sein (ohne Kündigung aber auch ohne Neuanstellung für die neue geschaffenen Infrastrukturen). Die Verteuerung von Wasser- und Abfalltaxen spürt die Bevölkerung schon seit einigen Jahren und sie wird sich wohl auch nicht so schnell beruhigen. Zusammen mit der aktuellen CSV/LSAP Regierungspolitik wird das noch mehr Druck auf die Jugendlichen, Alleinerziehenden, MigrantInnen – also alle Menschen mit niedrigem Einkommen ausüben.

Tiefgreifende Veränderungen die ohne demokratische Prozesse stattfinden! Auf dem Forum zu Integration und dem Seniorenforum wurden die TeilnehmerInnen nicht gefragt, was sie von solch einer Entwicklung halten. Der Kindergemeinderat wird auch nicht dazu gefragt. Nett gemeinte Initiativen aber in solch einem Kontext dann offensichtlich nur Alibi-Projekte! Das demokratische Minimum wird noch nicht mal erfüllt und Verträge für Millionen-Projekte werden unterzeichnet bevor der Gemeinderat darüber diskutiert und abstimmt (PPP Parc des Sports). Vor 15 Jahren wurde bei den Grünen noch über Bürgerbeteiligung geredet und die LSAP wegen mangelnder Transparenz und Demokratie kritisiert (Renovierung des Marktplatzes, Ronnebierg,…) – heute scheint nur die Fassade der Bürgerbeteiligung übrig zu bleiben. Ein Referendum wäre bei Projekten welche die Gemeinde auf min. 20 Jahre festnagelt ernst gemeintere Bürgerbeteiligung!

Wer diese Entwicklung übersieht und nur isoliert kosmetische Symptome dieser neoliberalen Strategie kritisiert wird niemanden überzeugen und es nicht besser machen an der „Macht“ – sondern nur weniger gut diese Entwicklung weiterführen. Das alleinige kritisieren ist und wirkt nur konservativ und wird nicht ausreichen um die breite Zustimmung für die aktuelle Mehrheit bei den letzten Wahlen umzukehren. Wirkliche und ernstgemeinte Alternativen sind nötig um der Differdinger Bevölkerung die Wahl vor Augen zu führen welche sie im Hinblick auf ihre Stadt treffen müssen. Eine Stadt, die wie ein Unternehmen funktioniert und um jeden Preis kompetitiv Investoren anziehen will oder eine Stadt in der bezahlbarer Wohnraum, sichere Arbeitsplätze, Unabhängigkeit von fossilen Energien, diversifizierte Kultur, Austausch und Zusammenleben von verschiedenen Altersgruppen, sozialen Klassen und verschiedener Nationalitäten durch eine aktive und kooperative Beteiligung erreicht wird?

Es ist höchste Zeit sich für die letztere Vision einer Stadt einzusetzen damit die öffentlichen Gelder eher in die Schaffung von bezahlbarem Wohnungsraum gesteckt werden anstatt in Schwimm- und Wellnesszenter welches noch nicht mal eine Tribüne für den lokalen Schwimmverein hat!

Diderich Gary

(1) Zitat aus einem Antwortbrief vom Differdinger Bürgermeister Claude Meisch an die Bürgerinitiative für den Schutz des Parc Gerlache

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