Täuschungsmanöver lösen die Wohnungsnot nicht.

Anlässlich der Abstimmung des Differdinger Budgets 2016 hat der Gemeinderatsvertreter von déi Lénk durch Änderungsvorschläge des Budgets den Bau von 20 sozialen Mietwohnungen vorgeschlagen.

Dieser Vorschlag wurde mit acht Nein-Stimmen, neun Enthaltungen und 2 Ja-Stimmen wieder von anderen Teilen der Opposition als auch der Koalition abgelehnt. Und auch Bürgermeister Roberto Traversini hatte nicht den Mut öffentlich und transparent zu sagen, dass er keine weiteren sozialen Mietwohnungen in Differdingen will. Vielmehr hat er behauptet, dass der Schöffenrat eben solche plant für 2016 und sogar noch in höherem Maße als von Gary Diderich in der Motion gefordert. Bei einer genaueren Analyse muss jedoch festgestellt werden, dass sich hierbei um ein Täuschungsmanöver handelt. Die Motion von Gary Diderich war seit dem 4. Dezember angekündigt, als er anlässlich einer Interpellation eine detaillierte Rechengrundlage vorgelegt hatte, welche aufzeigt, dass die Gemeindeschuld mittelfristig nur geringfügig durch Investitionen in den sozialen Mietwohnungsbau vergrössert würde. Leider hat der rot-grün-schwarzer Schöffenrat diese Zeit nicht genutzt um den Budget 2016 um solche Investitionen zu bereichern sondern sich zu überlegen wie sie ohne Gesichtsverlust die Motion von déi Lénk abschmettern können. Anlässlich der Reaktionen der Schöffenrates auf die Stellungnahmen der Gemeinderatsmitglieder wurde kurzerhand ein Projekt auf dem alten „Funiculaire“-Gelände ins Spiel gebracht und von 6 Millionen Euro Investitionen geredet. Dabei haben 2 Millionen von diesem Gesamtbetrag rein gar nichts mit Wohnungen zu tun, mit diesem Geld wird das Erdgeschoss des Gebäudes zur Einrichtung einer Crèche gekauft. Mit 2,5 Millionen werden 25 Studentenwohnungen geschaffen, hier können wir also von Wohnungsraum reden, jedoch sind dies keine „sozialen Mietwohnungen“. In Differdingen entsteht eine Uni, auf dem Belval ist eine entstanden, und damit wird dieser Wohnraum gebraucht. Doch diese Wohnungen tragen nicht dazu bei, den mit nur 3% sehr geringfügigen Anteil von sozialen Mietwohnungen zu vergrössern. In unseren Nachbarländer beträgt dieser Anteil 10-17%! Schlussendlich sind 1,7 Millionen für den Bau von 19 Wohnungen für Jugendliche vorgesehen. All diese Details waren aber weder dem Gemeinderat noch der Presse vorgelegt worden. Sie sind auch nicht im Budget der zur Abstimmung vorlag vorgesehen! Sie wurden im November in der Wohnungsbaukommission vorgelegt und am 16/12/2015 ohne verbindlichen Dokumente in die Diskussion eingebracht.

Es ist zu bedauern, dass das sehr ernste Thema der Wohnungsnot immer wieder durch bewusste Täuschungen oder Unwissen vernachlässigt wird. Sollte eine vernünftige und verantwortliche Politik nicht auf einer objektive Analyse der Situation aufbauen und dementsprechend Massnahmen genommen werden? Diese Analyse, mit den aktuellen Zahlen die verfügbar sind, ergibt:

– In Differdingen gibt es aktuell rund 380 soziale Mietwohnungen (Fonds de Logement, Ennerdaach, Croix-Rouge, AIS Kordall) von insgesamt 9.000 Haushalten, dies sind 4%;

– Diese sozialen Mietwohnungen bestanden fast alle schon 2012 als die Chambre Immobilière den nationalen Bedarf an sozialen Mietwohnungen auf 12.000 und die Caritas ihn auf 20.000 geschätzt hat. Auf Differdingen proportional umgerechnet wären das 600 bis 1000 weitere Wohnungen, spezifisch als soziale Mietwohnungen die benötigt werden;

– Der aktuelle Schöffenrat, vor allem zusammen mit dem FdL und der SNHBM hat vorgerechnet, dass sich momentan 450 weitere in der Planung oder im Bau befinden;

– Auf dem Bedarf von 2012 gerechnet fehlen also noch 150 bis 550 soziale Mietwohnungen und diese Bedarf ist eher gewachsen als gefallen. Alleine für Mietwohnungen der AIS Kordall stehen 100 Familien auf der Warteliste des Office Social in Differdingen. Alle Menschen die momentan in zu kleinen und teueren Appartements wohnen, sind nicht auf dieser Liste.Dabei würde der Staat 75% der Kosten des Baus von sozialen Mietwohnungen übernehmen.

Die Gemeindeschuld würde durch den Bau von 500 sozialen Mietwohnungen in den ersten Jahren rund 30 Millionen höher liegen als im aktuellen mehrjährigen Finanzplan des Schöffenrates, doch bereits ab 2020 würde sie durch die jährlichen Mieteinnahmen von mindestens 4 Millionen stark abgebaut werden. Die relative Schuld würde 2017 mit fast 7% höher als ohne diese Investitionen (15% statt 8%) einen Höhepunkt erreichen, doch im Verhältnis zu der erlaubten Gemeindeverschuldung von bis zu 20% und den getätigten Investitionen, ist dieser Betrag nicht besorgniserregend. Vor allem, wenn diese Investitionen sichere Mehreinnahmen schaffen, welche bereits 2025 den Unterschied auf nur 2% zu reduzieren und ab 2033 sogar unter 1% liegen. Die relative Schuld errechnet sich aus dem Verhältnis zwischen den Schuldrückzahlungen und den ordentlichen, sprich regelmässigen und feststehenden, Einnahmen. Durch die Mieteinnahmen würden diese ordentlichen Einnahmen stark ansteigen und in den Jahren nach 2021 werden die großen Investitionen getätigt sein, aber die Einnahmen von jährlich bis zu 2,7 Millionen bleiben dann bestehen.

Aus welchen Gründen der Schöffenrat also nicht konsequenter in dieser wichtigen sozialen Problematik vorgeht wurde leider nur angedeutet. Anscheinend könnte sich das negativ auf das Gleichgewicht der Bevölkerung auswirken und den Anteil an sozial benachteiligter Bevölkerung in die Höhe treiben. Das Gegenteil ist aber der Fall: Wenn die Gemeinde in Eigenregie diese Wohnungen baut und verwaltet, kann sie aktuellen Differdinger BürgerInnen den Vorrang geben um solche zu beziehen. Bei gleichbleibender sozialer Situation (Einkommen,…) würde dann 150 bis 550 Haushalte eine starke Aufwertung ihrer Situation und ihrer Kaufkraft erfahren. Dies würde die Familien und die sozialen Dienste (Office Social,…) entlasten. Der Druck auf dem Wohnungsmarkt würde abnehmen und die Preise würden sich im Idealfall entspannen. Die freiwerdenden Wohnungen (meist für Kleinfamilien gedacht aber von Grossfamilien bezogen) würden von kleineren Familien bezogen werden. Es würde also eher eine Verschiebung stattfinden.

Gary DiderichGemeinderat Differdingen für déi Lénk

logo European Left logo GUE/NGL logo Transform! Europe