Die katholischen Kirchengebäude in den Besitz des zukünftigen „Fonds“ geben!

Stellungnahme von déi Lénk im Gemeinderat der Stadt Luxemburg vom 19/12/2016

Den Bemühungen der Stadt, um die Besitzverhältnisse der Kirchen in der Stadt zu klären gebührt unser Lob. Hier wurde sehr gute Arbeit geleistet.

Das Resultat dieser Arbeit ist eindeutig: Mit Ausnahme der Kirchberger und der Glacis-Kapelle gehören alle katholischen Kirchengebäude und Kapellen der Stadt. Das Eigentumsrecht der Stadt über 27 katholische Kirchengebäude, von denen 6 bereits desaffektiert sind, ist damit schriftlich belegt. Übrigens gehören auch alle Pfarrhäuser auf ihrem Territorium der Stadt.

Es ist interessant und wichtig, dies festzuhalten, auch wenn 4 Kirchenfabriken sich geweigert haben, diese rechtliche Tatsache mit ihrer Unterschrift zu bestätigen.

Mit dieser Aufstellung der Besitzverhältnisse ist die Stadt der Aufforderung des Innenministers nachgekommen, um damit die Annexe II des Gesetzprojekts zur Verwaltung der Kirchengebäude und anderer Besitztümer des katholischen Kultus aufzufüllen.

Die Frage stellt sich nun, was mit diesen Gebäuden geschehen soll.

Die logische Antwort von déi Lénk hier im Gemeinderat ist klar: Die Stadt Luxemburg soll ihre Bereitschaft bekunden, diese Gebäude in den Besitz des zukünftigen „Fonds de gestion du patrimoie du culte catholique“ zu überführen.

Dies ist für uns die einzige konsequente Lösung, wenn man einerseits die Rechte der Gläubigen und andererseits die öffentlichen Finanzen schützen will.

Allerdings ist dies nicht der Weg, den der Schöffenrat gehen will. Er schlägt vor, alle Kirchengebäude, die im Besitz der Stadt sind weiterhin zu behalten und sie dem zukünftigen „Fonds“ für katholische Kultzwecke zu Verfügung zu stellen. Die Gesetzesvorlage sieht eine jährliche Miete zwischen 1.000 und 2.500 Euro vor.

Wohl ist die Gemeinde seit dem Gesetz vom 17. März 2016 von der Verpflichtung entbunden, die Defizite jeder einzelnen Kirchenfabrik zu decken und wohl steht in der Gesetzesvorlage zur Verwaltung der Kirchengebäude, dass die laufenden Kosten (so besonders auch die Heizkosten) vom Mieter bezahlt werden müssen. Doch ist der Eigentümer – also hier die Stadt – weiterhin verpflichtet, für den mittel- und langfristigen Unterhalt, d.h. für die Reparaturen zu sorgen und natürlich auch die Versicherungsprämien, die auf den Eigentümer entfallen, zu zahlen.

Wir fragen uns, was die Stadt davon hat, weiterhin Besitzer all dieser Kirchengebäude zu bleiben, auf deren Nutzung sie keinen Einfluss hat. Die Gesetzesvorlage zur Verwaltung der Kirchengebäude hält nämlich fest, dass, entsprechend der Konvention vom 26. Januar 2015 mit dem Erzbistum, es keine doppelte Nutzung einer Kirche (also für Kultus- und kulturelle Zwecke) geben wird und dass also nur das Bistum darüber entscheidet, was in einer Kirche geschieht, die dem „Fonds“ zur Verfügung gestellt wird.

Wenn die Stadt nun weiterhin Besitzerin der katholischen Kirchengebäude bleibt, für deren mittel—und langfristigen Unterhalt aufkommen muss und gleichzeitig keinen Einfluss auf ihre Nutzung hat, ist dies nicht in Ordnung und objektiv nicht zu rechtfertigen.

Jeder Mensch muss das Recht haben, das zu glauben, was er will und auch seinen Glauben frei auszuüben. Es kann aber nicht sein, dass bei nur mehr etwa 10 katholischen Geistlichen auf dem Gebiet der Stadt und der Tatsache, dass die meisten Kirchen weitgehend leer sind, die Allgemeinheit weiterhin für den Unterhalt aller bestehenden Kirchengebäude zahlt und keinen Einfluss auf deren Nutzung hat. Die katholische Kirche weigert sich allerdings, die Kirchen zu benennen, die sie weiterhin nutzen will und deren Desaffektierung sie sich widersetzt. Diese Gebäude sollen nämlich in den Anhang III der Gesetzesvorlage eingeschrieben werden. Während anfangs die Rede ging von 35 solcher Kirchen landesweit, dann von 60, später von 105 und schließlich von 120, scheint es jetzt, dass das Erzbistum sich überhaupt nicht mehr festlegen will.

So zahlt wiederum die Allgemeinheit und die katholische Religion wird gegenüber anderen Religionen privilegiert behandelt. Der Sinn der Trennung von Kirche und Staat besteht eben genau darin, dieses System zu ändern, welches in einer multikulturellen Gesellschaft nicht aufrecht erhalten werden kann. Es geht um den gerechten Einsatz von Steuergeldern, die von allen Bürgerinnen und Bürgern gezahlt werden, ob gläubig oder nicht, ob einer Religion zugehörig oder einer anderen. Ob der oder die einzelne einer bestimmten Religion anhängt oder nicht, ob er oder sie Agnostiker oder Atheist ist, geht den Staat nichts an. Er hat weltanschaulich neutral zu sein. Es ist deshalb auch nicht am Staat oder an einer Gemeinde, Kirchen zu errichten oder zu finanzieren. Der Staat oder die Gemeinde ist allenfalls zu einer Finanzierung im Rahmen des Denkmalschutzes verpflichtet.

Die CSV ist in ihrer Rolle, wenn sie die konservativen Vertreter der Kirchenfabriken unterstützt und Stimmung macht gegen die Gesetzesvorlage zur Verwaltung der Kirchengebäude und anderer Besitztümer des katholischen Kultus. Sie unterstützt damit die Wünsche ihrer Wähler. Sie sieht, genauso wie diese, die Welt durch die religiöse Brille und zielt darauf ab, die materiellen Vorteile und Privilegien der katholischen Kirche zu erhalten. Die CSV zählt darauf, dass alle katholischen Kirchengebäude weiterhin im Besitz der Stadt (respektiv der anderen Gemeinden) bleiben und dass deren Unterhalt weiterhin von der Allgemeinheit finanziert wird.

Dass die DP- und die Grünen- Gemeinderäte, welche die Trennung von Kirche und Staat auf ihre Fahnen geschrieben hatten, nun vor der konkreten Umsetzung dieser Trennung zurück schrecken, erstaunt, um nicht mehr zu sagen.

Wir glauben, dass sie nun aus wahltaktischen Gründen kneifen und 10 Monate vor den Gemeinderatswahlen den Innenminister Kersch in gewissem Sinne im Regen stehen lassen.

In der Finanzkommission der Stadt wurde auf dreierlei Art und Weise argumentiert:

1) jeder sei froh, an religiösen Zeremonien teilnehmen zu können;

2) man dürfe doch die Kirchen als kulturelle Gebäude nicht verfallen lassen;

3) und die Stadt sollte nichts verschenken!

Darauf antworten wir,

1) dass Nichtgläubige überhaupt nicht darauf erpicht sind, an religiösen Zeremonien teilzunehmen;

2) dass niemand davon redet, Kirchen abzureißen oder verfallen zu lassen;

3) und dass man Dinge, welche man nicht nutzt, und die nur Kosten verursachen, ruhig an die verschenken sollte, die sie gebrauchen.

Man kann sich fragen, ob eine Gemeinde ein Kirchengebäude, in das sie in der Vergangenheit schon viel Geld investiert hat, gratis abgeben soll. Allerdings muss man bedenken, dass unter der Bedingung einer notwendigen Entschädigung die Konvention mit dem Erzbistum nicht zustande gekommen wäre.

Es ist sowieso vorauszusehen, dass die katholische Kirche all diese Gebäude nicht wird heizen und für deren andere laufende Kosten wird aufkommen können und dass sie mittelfristig an die Stadt herantreten wird, um eine ganze Reihe davon zum symbolischen Euro zurück zu geben – wie die Gesetzesvorlage zur Verwaltung der Kirchengebäude dies vorsieht. Dann aber natürlich ohne die Auflage, dass diese für den katholischen Kultus genutzt werden müssen. Die Stadt könnte sie dann anderen Zwecken zuführen, natürlich im Respekt der vorherigen religiösen Nutzung, so wie auch dies in der Gesetzesvorlage steht.

Wir fordern demnach als déi Lénk-Gemeinderäte, alle nicht bereits desaffektierten katholischen Kirchengebäude, die im Besitz der Stadt sind, an den „Fonds“ zu übergeben, sobald dieser eine gesetzliche Basis erhält.

Joël Delvaux und Guy Foetz

déi Lénk – Gemeinderäte in der Stadt Luxemburg

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