Eine Erklärung von Myriam Cecchetti und Jos Piscitelli
Wir nehmen die Erklärungen des Bürgermeisters zur Kenntnis, dass diese Vorgehensweise, die gegen sein Demokratieverständnis verstosse, dem Schöffenrat vom Anwalt der Gemeinde als auch von den Juristen des Innenministeriums nicht nur wärmstens angeraten, sondern sogar, nach längerem Widerstand, quasi aufgezwungen worden sei.
Nichtsdestotrotz ist sie falsch. Was war geschehen? Die beiden Unterzeichneten hatten in der öffentlichen Beratungsprozedur zum PAG und zum PAP-QE, die aufgrund der Aarhus-Konvention stattfand, als BürgerInnen Stellung bezogen und auf 13 Seiten (PAG_PAP_Reclamation_Conseillers_Jopi_Cemy_20180604) eine ganze Reihe von prinzipiellen Bemerkungen hervorgebracht, von denen sogar etliche, auch aufgrund gleichlautender Kritiken der staatlichen Instanzen, berücksichtigt wurden, z.B. die ursprünglich vorgesehenen, extravaganten, Ausnahmebstimmungen für den Bürgermeister betreffend.
Die uns über email am Vortag vorgetragene, und mündlich während der Sitzung bestätigte, Argumentation des juristischen « Orakels » aus dem Innenministerium (ein schriftliches Gutachten lag zu keinem Moment vor), lief auf zwei Argumente hinaus:
– wir hätten laut Artikel 20 des Gemeindegesetzes ein « persönliches Interesse », weshalb uns die Teilnahme an der Abstimmung laut Artikel 20 des Gemeindegesetzes verweigert würde ;
– wir könnten nicht “juge et partie » sein, was auf das selbe hinausläuft.
Dies ist sachlich falsch und wurde auch nicht in der Diskussion belegt. Denn alle unsere Bemerkungen während der öffentlichen Konsultationsprozedur betrafen ausschliesslich das allgemeine Gemeindeinteresse!
Dies hat nichts damit zu tun, dass die Unterzeichnete Cecchetti zusätzlich noch in einer gesonderten Reklamation in einem persönlichen Fall Stellung bezogen hatte, und auch nicht damit, dass 3 weitere GemeinderätInnen, selbst oder durch Familienmitglieder, persönliche Reklamationen hervorgebracht hatten. In diesen Fällen lag ein tatsächliches persönliches Interesse vor, und dies wurde auch in der Sitzung anerkannt. Doch in diesen Fällen hätte es genügt, zu diesen punktuellen Reklamationen eine getrennte Abstimmung vorzusehen, bei der die Betroffenen den Saal verlassen hätten. Das ist nicht geschehen. Alle Reklamanten, insgesamt 5 GemeinderätInnen, mussten schliesslich im Zuschauerraum Platz nehmen, darunter auch Rat Piscitelli, der ausschliesslich allgemeine Interessen während der Konsultationsprozedur geltend gemacht hatte!
Es liegt somit seitens des Gemeinderates und des Schöffenrates ein deutlicher Rechtsbruch gegen das Gemeindegesetz und die verfassungsmässigen Prärogativen der Gemeinderäte vor, den wir so nicht hinnehmen werden. Wir werden uns hinsichtlich weiterer juristischer Schritte, die zur Nullität der ganzen Prozedur und zu ihrer Wiederholung führen könnten, beraten lassen.
Es geht um eine wichtige Prinzipienfrage: Können Gemeinderäte, aber auch Organisationen und Parteien in öffentlichen Konsultationsprozeduren ihre Meinung sagen, auch wenn sie keine privaten Interessen haben? Das war in diesem Fall vom Schöffenrat akzeptiert worden, der uns sogar empfing und auf unsere Bemerkungen einging. Doch dann kann er nicht im nachhinein diese Reklamation als “Privatinteresse” abtun, die uns das Recht nimmt, auch im Gemeinderat dazu Stellung zu nehmen. Worauf wollen das Innenministerium und seine Juristen hinaus? Die öffentlichen Konsultationsprozeduren schwächen?
Myriam Cechetti,
Jos Piscitelli
Die Diskussion zur Prozedur kann in folgendem Audio nachverfolgt werden (22 Min.)